Tierschutzwidriges Verhalten von Trainer:innen anzeigen
Verantwortung übernehmen
Hundetraining ist Vertrauenssache. Wer seinen Hund in die Hände einer Trainerin oder eines Trainers gibt, erwartet Fachwissen, Empathie und Methoden, die den Hund respektvoll fördern. Doch noch immer arbeiten manche Trainer:innen mit aversiven Techniken: Leinenruck, Einschüchterung, Zughalsbänder, Wasser spritzen, körperliches Blockieren - die Liste ist schier endlos. Diese Methoden sind nicht nur überholt – sie sind tierschutzwidrig.
Damit Hunde vor Missbrauch geschützt werden, reicht es nicht, sich still zu empören. Jeder Fall, in dem ein Hund Leid durch Training erleidet, muss gemeldet werden. Jede:r einzelne, derlei Methoden anwendende, Trainer:in, bedeutet jahrelanges Leid für dutzende, hunderte Hunde - und muss deshalb dringend aufgehalten werden.
Ab wann ist Verhalten tierschutzwidrig?
Das deutsche Tierschutzgesetz (TierSchG) ist hier eindeutig:
§ 1 TierSchG: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
§ 3 Nr. 5 TierSchG: Verbot, ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind.
Also ihm Leistungen abzuverlangen, die es offensichtlich überfordern oder bei denen Schmerzen und Leiden entstehen.
§ 3 Nr. 11 TierSchG: Verbot, ein Gerät zu verwenden, das durch direkte Stromeinwirkung das artgemäße Verhalten eines Tieres, insbesondere seine Bewegung, erheblich einschränkt oder es zur Bewegung zwingt und dem Tier dadurch nicht unerhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt, soweit dies nicht nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften zulässig ist.
Also der Gebrauch bestimmter “Hilfsmittel” wie Stachelhalsbänder, Zughalsbänder oder Stromgeräte.
Ein Verhalten ist tierschutzwidrig, wenn es über das hinausgeht, was zumutbar und artgerecht ist und dem Hund nachweislich Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt. Dazu gehören u. a.:
Einsatz verbotener Hilfsmittel (Stachelhalsband, Teletakt).
körperliche Gewalt (Schlagen, Treten, Würgen, aber auch Wasser spritzen, Leinenruck, in die Seite piksen und Co.).
massiver psychischer Druck (dauerhafte Einschüchterung, Bedrohung, Isolierung).
Methoden, die nachhaltig Angst oder Hilflosigkeit erzeugen.
Die Schwelle liegt also nicht erst bei „Tierquälerei“ im strafrechtlichen Sinn. Schon wiederholtes, methodisches Zufügen von Leiden im Training erfüllt den Tatbestand der Tierschutzwidrigkeit.
Warum melden so wichtig ist
Viele Hundehalter:innen zögern, Trainer:innen anzuzeigen. Gründe sind Unsicherheit („War das wirklich verboten?“, “So schlimm war es doch nicht?“), Loyalität oder die Angst vor Konsequenzen. Doch Schweigen hat Folgen:
Hunde leiden unnötig weiter. Es folgen viele weitere Hunde, die ebenfalls Leid erfahren werden.
Aversive Trainer:innen fühlen sich legitimiert.
Das öffentliche Bild von Hundetraining bleibt verzerrt.
Nur wenn Fälle bekannt werden, können Veterinärämter handeln. Sie sind gesetzlich verpflichtet, tierschutzwidriges Verhalten zu überprüfen und gegebenenfalls zu sanktionieren - zum Beispiel, indem sie einer/m Trainer:in Auflagen auferlegen oder ihr/m die Erlaubniserteilung entziehen.
Der einfache Weg: Eine E-Mail an das Veterinäramt
Es braucht keine komplizierte Anzeige. Schon eine formlose E-Mail genügt. Darin sollten enthalten sein:
Konkrete Beobachtungen: Welche Handlung wurde wann, wo und durch wen durchgeführt?
Beschreibung der Methode: z. B. Leinenruck, Einsatz von Zug-Halsbänder, körperliches Blockieren.
Belege: Fotos, Videos oder Zeug:innenaussagen, sofern vorhanden. Auch ohne Belege sollte unbedingt Meldung erstattet werden.
Eigene Kontaktdaten: Damit Rückfragen möglich sind (anonyme Hinweise sind rechtlich weniger belastbar).
Beispiel:
„Am [Datum] beobachtete ich in [Ort] während einer Trainingsstunde von [Name] den Einsatz eines Stachelhalsbands. Der Hund zeigte deutliches Schmerzverhalten (Jaulen, Wegzucken). Meines Wissens ist der Einsatz solcher Hilfsmittel/Vorgehensweisen nach dem TierSchG verboten. Ich bitte um Prüfung des Falls.“
Verantwortung übernehmen – für die Hunde
Es geht nicht um persönliche Fehden oder Konkurrenz zwischen Hundeschulen. Es geht darum, dass Hunde nicht leiden müssen. Jedes tierschutzwidrige Verhalten, das unkommentiert bleibt, schwächt das Vertrauen in eine ganze Branche – und legitimiert gewaltvolle Praktiken, die längst widerlegt und verboten sind.
Moderne Lerntheorie, positive Verstärkung und bedürfnisorientiertes Training sind wissenschaftlich belegt und wirksam (Hiby et al., 2004; Deldalle & Gaunet, 2014; Blackwell et al., 2008). Gewalt und Einschüchterung sind nicht nur überflüssig, sie sind schädlich.
Fazit
Tierschutzwidriges Verhalten beginnt dort, wo Hunde Schmerzen, Leiden oder Schäden erfahren.
Eine formlose E-Mail an das Veterinäramt reicht, um einen Verdacht prüfen zu lassen.
Schweigen schützt Täter:innen, nicht Hunde.
Wer hinsieht und meldet, übernimmt Verantwortung. Nur so schaffen wir ein Hundetraining, das dem Anspruch des Tierschutzes wirklich gerecht wird.
Literatur
Blackwell, E. J., Twells, C., Seawright, A., & Casey, R. A. (2008). The relationship between training methods and the occurrence of behavior problems, as reported by owners, in a population of domestic dogs. Journal of Veterinary Behavior, 3(5), 207–217.
Deldalle, S., & Gaunet, F. (2014). Effects of two training methods on stress-related behaviors of the dog (Canis familiaris) and on the dog–owner relationship. Journal of Veterinary Behavior, 9(2), 58–65.
Hiby, E. F., Rooney, N. J., & Bradshaw, J. W. S. (2004). Dog training methods: their use, effectiveness and interaction with behaviour and welfare. Animal Welfare, 13(1), 63–69.
Tierschutzgesetz (TierSchG). Bundesrepublik Deutschland, aktuelle Fassung.