Ein Tag im Leben einer Dogwalkerin

Vom Bürojob zum Dogwalking

Morgens ins Büro, acht Stunden am Schreibtisch, am späten Nachmittag nach Hause – so sah mein Arbeitsalltag zehn Jahre lang aus. Heute sieht mein Leben ganz anders aus: Statt Büroalltag starte ich als Dogwalkerin in Berlin in den Tag. Der Wecker klingelt um 6 Uhr, effektiv aufstehen tue ich aber meist erst eine Stunde später.

Zeitdruck habe ich nicht wirklich – aber eine lockere Struktur, die meinen Dogwalker-Alltag bestimmt. Eigentlich würde ich gerne um 6 Uhr aufstehen, mit Yoga oder Pilates meinen Morgen beginnen, entspannt eine Tasse Kaffee trinken und dann zur Arbeit fahren.

Das bin aber nicht ich. Mein Tag beginnt mit dem Drücken der Snooze-Taste – gefühlt zehnmal – bis ich statt um 6 Uhr erst um 7 Uhr aufstehe.

Während ich die Füße über den Bettrand schwinge und mir wie jeden Morgen fest vornehme, am nächsten Tag endlich früher aufzustehen, überlegen sich meine Hunde, ob es sich schon lohnt, mit aufzustehen oder ob sie lieber noch liegen bleiben.

Zuerst führt mich der Weg in die Küche, wo unsere Kaffeemaschine auf mich wartet – eine, die ganze Bohnen verwendet und für jede Tasse frisch mahlt. Klingt „fancy“, wird aber dann zum Nachteil, wenn man mal mehr Besuch erwartet.

Nach dem Bad überlege ich, ob ich beide Hunde mit zur Arbeit nehme, nur einen oder ob sie zu Hause bleiben. Das entscheide ich immer spontan. Mit dieser Entscheidung geht auch einher, ob ich für meinen Pudel noch Käse schneide – denn Hannibal liebt Käse, und was ganz oben auf der Belohnungsliste steht, packe ich natürlich ein.

Ausgestattet mit einem Kaffeebecher, meinem Dogwalkergürtel und einem oder beiden Hunden geht es dann das erste Mal raus. Eine kleine Pipirunde auf dem Weg zum Auto – bereit, die Bande abzuholen und in meinen Tag zu starten.

Wenn einer meiner Hunde zu Hause bleibt, bekommt er natürlich ebenfalls noch eine kurze Pipirunde, bevor ich losfahre – den Rest übernimmt dann mein Mann, wenn er aufgestanden ist. Ein bisschen Luxus darf man sich schließlich auch mal gönnen.

Der Hauptteil meines Berufs: Autofahren

Wer denkt, eine Dogwalkerin verbringt den ganzen Tag nur im Wald, liegt falsch. Der größte Teil meines Arbeitsalltags ist tatsächlich das Autofahren. Man merkt schnell, ob in Berlin Schulferien sind oder ob gerade alle unterwegs zur Arbeit sind. Je nach Verkehr komme ich schneller voran – oder plane die gewohnte Zeit ein, bis ich beim ersten Hund ankomme.

Mein Arbeitsweg unterscheidet sich in den ersten 30 Minuten kaum von dem eines anderen Pendlers. Seit meinem Umzug vor drei Jahren brauche ich diese Zeit, bis ich im Einzugsgebiet meiner Hunde angekommen bin. Damals waren es nur drei Minuten bis zum ersten Hund – heute fahre ich länger, weil ich meine Gruppe, die besten Hunde, nicht aufgeben wollte.

Je nach Wochentag hole ich einen anderen Hund zuerst ab. Manche haben ihre ganz eigenen Morgenrituale: Der eine liegt noch im Bett und muss geweckt werden, der nächste kommt schon schwanzwedelnd auf mich zugelaufen und die andere kündigt meine Ankunft lautstark an, damit auch Frauchen mitbekommt, dass sie abgeholt wird.

Manch einer wartet sogar schon am Gartenzaun auf mich. Und egal, wie stressig mein Tag bisher war – sobald ich meine Bande sehe, hellt sich meine Laune auf.

Im Auto hat jeder Hund seinen festen Platz. Manchmal dürfen auch zwei Hunde nebeneinander liegen – aber nur, wenn ich weiß, dass beide damit entspannt umgehen können. Denn mit einem Hund im Auto zu kuscheln ist etwas anderes, als draußen gemeinsam durch die Wälder zu streifen oder nebeneinander an einer Schnüffelstelle zu stehen. Nicht jeder Hund möchte so engen Körperkontakt – und als Dogwalker in Berlin ist es meine Aufgabe, das zu respektieren.

Auf den Gassistrecken

Nachdem alle Hunde eingesammelt sind, geht es raus zu unseren festen Gassistrecken. In Berlin gibt es zwar offizielle Auslaufgebiete, in denen Hunde frei laufen dürfen – doch diese sind oft sehr überfüllt. Viele Hundehalter:innen nehmen dort leider wenig Rücksicht aufeinander. Oft wirkt es so, als sei ein Auslaufgebiet ein Freifahrtschein für: „Mein Hund hört nicht, aber hier darf er ohne Leine laufen und alle müssen damit klarkommen, dass er einfach zu anderen hinrennt.“

In meiner Hundegruppe gibt es jedoch einige, die es gar nicht schätzen würden, wenn ständig fremde Hunde zu uns stoßen. Deshalb habe ich mit der Zeit feste Strecken gefunden – Orte, an denen wir ungestört unterwegs sein können und die Hunde in Ruhe ihre Runden genießen. Dort, wo es erlaubt ist, dürfen sie frei laufen.

Auf allen anderen Wegen halte ich mich selbstverständlich an die Leinenpflicht in Berlin.

Für die Hunde ist das pure Lebensfreude. Für mich als Dogwalkerin beginnt dort aber erst die eigentliche Arbeit: Überblick behalten, Kommunikation in der Gruppe unterstützen und dafür sorgen, dass jeder Hund zu seinem Recht kommt.

Abenteuer auf der Runde

Wenn ich mit meiner Bande unterwegs bin, gibt es immer etwas Neues im Wald zu entdecken. Nymeria hat schon den ein oder anderen Wildtierknochen gefunden, den sie voller Freude herumgetragen hat. Manchmal stoßen wir auch auf Tierkadaver – meist von kleineren Tieren wie Vögeln oder Hasen. Ebenso spannend sind die Dinge, die wir von Pfadfindern entdecken oder die Löcher, die die Hunde begeistert graben und die ich später wieder zuschütten darf – allein schon, um die Stolpergefahr zu vermeiden.

Auf unseren Runden habe ich sogenannte „Inseln“ eingebaut – feste Stationen, an denen immer das Gleiche passiert. Dort dürfen die besonders lauffreudigen Hunde rennen und Fangspiele spielen, an unserem Pausenplatz wird Wasser gereicht und die Hunde gehen ihren Hobbys nach: wälzen, liegen oder nach Keksen betteln.

Die aufregendsten Abenteuer sind natürlich Begegnungen mit Wild. Im besten Fall sehe ich die Tiere, bevor die Hunde sie bemerken. Dann rufe ich meine Gruppe zu mir, sichere sie an den Leinen und gebe ihnen eine Futtersuche zur Ablenkung, während das Wild ungestört weiterziehen kann. So bleibt der Waldfrieden gewahrt und die Hunde lernen, dass auch diese Situation entspannt gemeistert werden kann.

Ab und zu treffen wir auch andere Menschen im Wald – sei es der Förster, der freundlich nickt, weil er sieht, dass alle Hunde bei mir bleiben, oder Spaziergänger:innen, die neugierig Fragen stellen. Die häufigste Frage lautet dabei: „Sind das alles Ihre?“ Dann lächle ich und erzähle von meinem Beruf als Dogwalkerin in Berlin.

Die Begegnungen sind vielfältig: von GeoCachern, die auf Schatzsuche durch den Wald ziehen – einmal sind wir sogar an einem Cache in Form einer Bratpfanne vorbeigekommen, die mitten an einem Baum hing – bis hin zu einer älteren Dame, die extra aus dem Auto stieg, um meine Hundegruppe zu bewundern. Für manche Hunde ist so viel Aufmerksamkeit kein Problem, andere – wie mein Pudel – finden fremde Menschen nach wie vor etwas suspekt.

Training ist wichtig!

Für all die Abenteuer unterwegs nutze ich klar aufgebaute Signale in der Hundegruppe. Ein „Zur Seite“ bedeutet, dass wir im Unterholz Platz machen. Der doppelte Rückruf wird besonders sorgfältig trainiert, damit ich die Hunde in einer Notfallsituation zuverlässig zu mir rufen kann.

Eines der wichtigsten Signale, das jeder neue Hund von Anfang an lernt, ist das Markersignal. Es funktioniert ähnlich wie der Clicker: Es zeigt dem Hund, welches Verhalten richtig war, und kündigt an, dass jetzt eine Belohnung folgt. Auch das Namensspiel ist unverzichtbar – gerade weil ich viel mit Futter arbeite und jeder Hund seine Chance auf Bestätigung bekommen soll.

Eine wichtige, wenn auch eher unliebsame Übung, ist das gemeinsame Laufen an der Leine. So sehr ich den Hunden möglichst viel Freiheit geben möchte, ist es auf Waldwegen und Straßen unerlässlich, dass wir auch als Gruppe strukturiert an der Leine gehen können.

Zurück am Auto gibt es für alle Hunde noch einmal Wasser. Die Leinen werden verstaut, die Hunde eingeladen, und ich nehme mir einen Moment, um die Fotos der Runde durchzusehen und die schönsten auszuwählen – einige davon landen später auf Instagram @Dogxytocin_Walkies.

Danach geht es für die Hunde wieder nach Hause. Wer zuletzt abgeholt wurde, wird als Erstes zurückgebracht. Müde und zufrieden begrüßen sie ihre Menschen – oder sie kuscheln sich sofort auf ihren Platz und schlafen, bis Herrchen oder Frauchen nach Hause kommt.

Wenn ich schließlich selbst nach Hause komme, genieße ich meine Tasse Kaffee – bevor meine Arbeit als Hundetrainerin in Berlin beginnt.

Meine Gedanken zu meinem Beruf

Dogwalking klingt auf den ersten Blick nach einem leichten Job – in Wahrheit braucht man dafür ein umfassendes Wissen über Hunde. Man muss die Lerntheorie verstehen, die Körpersprache richtig deuten können, wissen, wie man mit Ressourcenverteidigung in der Gruppe umgeht, Hunde zuverlässig einschätzen und Signale systematisch aufbauen.

Der alte Aberglaube vom „Rudelchef“ ist in diesem Beruf genauso fehl am Platz wie generell in der modernen Hundewelt. Stattdessen geht es darum, Verantwortung für viele Hunde zu übernehmen, aufmerksam hinzusehen und zu erkennen, wenn es einem Hund nicht gut geht. Dann braucht es auch den Mut, den Halter:innen klar mitzuteilen: „Bitte lassen Sie das tierärztlich abklären.“ Denn die Hunde sind unsere Schützlinge.

Man muss ihre Allergien kennen, ihre Vorlieben und ihre Charakterzüge. Man sollte wissen, wie man Hunde vom Jagen abhält, welche Managementmaßnahmen im Alltag nötig sind und wie man ihnen neue Signale beibringt.

Zu all dem kommt noch ein weiterer Aspekt: Wer selbstständig als Dogwalker:in arbeitet, braucht nicht nur Wissen über Hunde, sondern auch über das Führen eines Unternehmens. Kundenkommunikation, rechtliche Vorgaben, Buchhaltung, Versicherungen und Marketing gehören genauso dazu wie Leinen, Signale und Spaziergänge im Wald.

Der Beruf des Dogwalkers ist weit mehr als „nur Gassigehen“.

Er erfordert Verantwortungsbewusstsein, Fachwissen und Herzblut.
Wer sich dessen bewusst ist, wird diesen Beruf lieben.

Du hast Lust noch mehr von meine Beruf zu hören? Dann hör doch mal in die Podcastfolge von Hey-Fiffi.com rein. 

Wie ich zu meinem Beruf kam, kannst du hier nachlesen.


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Beruf Hundetrainer:in – Eine Leidenschaft

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